Montag, 11. Februar 2013

Harold und Maude

Eine Frau legt den Bademantel ab, rückt die Badekappe zurecht und steigt in den Pool. Sie schwimmt auf die Kamera zu, die ein wenig zurückzoomt. Links im Bild sieht man eine Leiche im Pool treiben, die Frau schwimmt seelenruhig weiter. Es ist ihr Sohn, der sich umgebracht hat. Wie immer. Harold hat das schon fünfzehn Mal gemacht, hat sich mal erhangen, mal erschossen, was man halt so macht.

Wenn er sich nicht umbringt, geht er gern auf Beerdigungen. Dort lernt er die 79jährige Maude kennen, die auch nur zum Spaß dort ist und danach einen Wagen stiehlt, um nachhause zu kommen. Beim zweiten Treffen der beiden, stiehlt sie Harolds (Leichen-) Wagen und beide fahren gemeinsam heim, der junge Mann, der am liebsten stirbt und die alte Frau, die das Leben ohne Rücksicht auf Verluste liebt. Beide treffen sich, singen, laufen über grüne Wiesen und verlieben sich. Ihre Beziehung scheint nicht in konkreten, sondern in symbolischen Bildern und so hat man den Eindruck, der Film zeige einen gemeinsamen Sommer zweier Verliebter, aber es geht dann doch nur um eine Woche, die Woche vor Maudes 80. Geburtstag, an dem sie Selbstmord begeht, weil 80 ein gutes Alter zum Sterben ist, wie sie schon ganz zu Beginn des Films gesagt hat.

Das ist schon eine coole Geschichte, aber weder Harold noch Maude schaffen es, Sympathien zu erwecken, er sieht viel zu jung aus für seine Rolle, sie ergießt sich aus heutiger Sicht in Hippieplatitüden. Ein kleiner Moment im Film könnte so groß sein – wird aber klein gehalten, obwohl er die (Symbol-) Figur Maude erklärt: Maude erzählt von ihrer Kindheit und Jugend in Wien, vom Kaiser, von „danach war alles anders“. Harold hält dabei ihre Hand und die Kamera zeigt kurz eine KZ-Tätowierung an Maudes Handgelenk.

3 Kommentare:

  1. Oh, da tust du dem Film vielleicht auch etwas Unrecht. Ich finde 'Harold und Maude' in so vielen Dingen schlicht umwerfend, intelligent und liebenswert.

    Das geht bei den sagenhaft inszenierten Suiziden los, erstreckt sich über die Kommunikation Harolds mit seiner Mutter und vor allem die Vorkommnisse rund um das Eheanbahnungsinstitut - nicht zu vergessen die psychotherapeutischen Sitzungen und die Begegnungen mit Harolds Onkel, dem US-Offizier. Der Film versucht ja eben nicht, die Kriegstraumata einer fast 80jährigen aufzuarbeiten, sondern bestimmte Botschaften über das Leben (so plattitüdig das auch klingt) aus sich herauszusprudeln.

    Und noch dazu ist Harold der erste Grufti - und das 10 Jahre, bevor diese Subkultur überhaupt entsteht ;)

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  2. Grundsetzlich: Ja, ja und ja. Aber.

    Die Redaktion ist sich hier einig: die von dir angsprochenen Punkte entsprechen der objektiven Wahrheit. Gerade die Suizidszenen sind ganz prima, das hätte der Autor im ersten Absatz klarer machen müssen, er meinte es nämlich auch. "Was man halt so macht." bringt das nicht gut genug rüber.
    Jedoch bleiben wir dabei, dass der Film vor allem dann überzeugt, wenn man im Nachhinein addiert, was eigentlich alles schön war. Beim Schauen des Films jedoch hat es hier keinen gekickt. Und wichtig ist auf der Leinwand! Analyse ist zweitrangig. Deshalb bleiben wir bei drei von fünf Kameras im Moviecheck. Wir schätzen aber deinen Kommentar und gehen auch gleich auf die anderen ein.

    Bis gleich.

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  3. Hm, dann haben die Redaktion und meine Weinigkeit den Film auf andere Weisen geschaut, was ganz naturgemäß ist, wenn man bedenkt, dass es sich dabei um unterschiedliche Individuen handelt. Diese Dinge entzückten mich beim Sehen, nicht erst im anschließenden Sinnieren.

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