Donnerstag, 21. März 2013

Textor @ Conne Island

Es riecht nach Gras im Conne Island, Textor steht auf der Bühne, Hiphop halt. Aber warum hat der MC einen Kontrabass in der Hand? Und warum steht ein Gitarrist auf der Bühne? Und ein Rhodes samt Spieler? Wo ist Quasimodo? Und warum zur Hölle rappt Textor nicht?

Die drei Männer beginnen mit einem Instrumentalstück, es folgen erstmal Chansons aus den Zwanzigern oder Lieder, die so klingen als ob. Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll. Auch Textor scheint nicht ganz sicher. Kinderzimmer Productions war Hiphop, hochklassigster nebenbei gesagt, jetzt soll es einfach um gute Songs gehen, ganz zeit- und genreunabhängig (komisches Wort). Von 20er-Jahre-Chansons über 50er-Jahre-Schlager über ein Kraftwerk-Cover und Kinderzimmer-Tracks zu Textor-Songs 2013. Der Großteil der Lieder glänzt dann auch damit, was Henrik von Holtum zu seinem Pseudonym verhalf. Wenn der Erzähler in einem Stück an einer A7-Raststätte auf der Suche ist nach "der ganzen Wahrheit und einem halbem Hähnchen", dann ist der großartige Textor da, ganz unabhängig von Zeit und Genre. Einige Songs zeigen dann aber auch, warum er eben nicht Sängor ist, erstaunlich, dass dieser Part an Einfluss gewinnt.

Überhaupt geht ein Bruch durch das Konzert. Da sind einerseits Stücke, die grooven, die den Hiphop erkennen lassen und sei es nur als Zitat. Und da sind andererseit ruhige Chansons, gesungen wie vor fünfzig Jahren. Diese zweite Gruppe ist das Neue am Schaffen Textors, aber es klingt nicht neu, im Gegenteil, es wirkt nach hinten gewandt. Es fehlt an Drive und Dringlichkeit. Vorm Schleckermarkt oder Truckstop Bockenem sind eigentlich Hits, werden so aber wohl nur von Prag-Fans erkannt. Es ist durchaus amüsant zu hören, wie ein Kraftwerk-Stück wohl in den 20er Jahren geklungen hätte, aber irgendwie wünscht man sich dann doch mehr Aktualität. Wie in Neu-Ulm und Louis-Vuittons-Tattoo, die auch im 21. Jahrhundert wunderbar funktionieren. Das Publikum, leider wieder so wenig Leute wie schon auf der Kinderzimmer-Anschiedstour vor ein paar Jahren hier im Conne Island, weiß auch nicht so recht, ungläubige Gesichter. Die Frage taucht auf, wie viele im Publikum bei Fahr mich nach Hause ("Erst die Party, dann das Vergnügen") und dem anschließenden Kinderzimmer-Klassiker Es wird nie wieder gut innerlich nicken, wehmütig nicken.

Darf man etwas Schlechtes über Textor sagen? Kann man etwas Gutes sagen über diesen Abend? Ja und Ja. Am Ende bleibt man selbst mit dem Eindruck zurück, der auch die Konzeption des Programms beschreibt: unentschieden.

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